Sonntag, 6. März 2011

Organisationsmanagement (Aufbauorganisation) 1

Dozent: Prof. Walter Hagmann

Defintion von Organisation:
"Gesamtheit der auf die Erreichung der Unternehmensziele gerichteten Massnahmen, durch welche:
- das Unternehmen als komplexes, offenes und soziales System strukturiert wird (Aufbauorganisation)
- die Aktivitäten aller Mitarbeiter, der Einsatz von Mitteln und die Verarbeitung von Informationen geordnet werden (Prozessorganisation)

Schaubild: siehe Richard Kühn

Zweck der Aufbauorganisation ist es, eine sinnvolle arbeitsteilige Gliederung und Ordnung der betrieblichen Handlungsprozesse durch die Bildung und Verteilung von Aufgaben (Stellen) zu erreichen. Wie?
- Zerlegung und Bündelung der Bereichs- und Mitarbeiterziele
- Kombination zu Stellen, Abteilungen, Instanzen
- Klärung und Zuweisung von Kompetenzen auf die Stellen
- Führung und Führungsstruktur

Aufbauorganisation:
- Aufgabenanalyse (Teilaufgaben machen) > Aufgabensynthese (Stellen, Abteilungen... machen)

Ablauforganisation:
- Arbeitsanalyse (Arbeitsgänge machen) > Arbeitssynthese (Arbeitsprozesse definieren)

Wieviel Organisation braucht es:
- Unterorganisation: zuwenig Regelungen, zu kleiner Erfolg
- Überorganisation: zuviel Regelungen, zu kleiner Erfolg

Wie prozessorientiert ist eine Unternehmung?
- von der Hierarchie zur reinen Prozessunternehmung

Formale Elemente der  Organisation:
- Aufgabe
- Stelle (besteht aus versch. Teilaufgaben, kleinste organ. Einheit)
- Instanz (Stellen mit Leitungsaufgabe)
- Stabsstelle (einer Stelle zugeordnet, Entscheidvorbereitung, keine Weisungsbefugnis)
- Zentrale Dienstleistungsstellen / Service Center (zentr. Aufgaben für mehrere Stellen, z.B. IT)
- Arbeitsplatz
- Abteilung

organisatorisches Kongruenzprinzip:
> Aufgaben > Kompetenzen > Verantwortung

Formale und informale Organisation (Beziehungseisberg):
- formal: Planung, Richtlinien, Stellenbeschrieb, Organigramm
- informal: Machtverteilung, pers. Beziehungen, Motivation, Kultur

Strukturierung der Aufbauorganisation:
- Problem: wirksame Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben, Verteilung auf Stellen/Abteilungen
- Aufgabenzentralisation /-dezentralisation:
- Prinzip der Verrichtung: gleichartige Tätigkeiten zu organisat. Einheit zusammenfassen
- Prinzip des Objektes: z.B. Produkte, Kundengruppen
- Phasenprinzip: nach Prozessschritten (Avor, Produktion, Montage)
- Prinzip des Ranges (nicht mehr aktuell)

Formen der Aufbauorganisation:
1. funktionale Organisation (am häufigsten in CH-KMU)
Unter funktionaler Organisation versteht man eine Gliederung der Einheiten einer Organisation nach Verrichtungen (Aufgaben) auf der zweiten Hierarchieebene unterhalb der Unternehmensleitung.

Die Leitung erfolgt dabei nach dem Einliniensystem. Beispielsweise sind viele Klein- und Mittelbetriebe in die Bereiche Forschung & Entwicklung, Produktion, Marketing & Vertrieb und Verwaltung unterteilt. Diese Form der Primärorganisation ist die älteste Organisationsform in der Entwicklungsgeschichte der Industriebetriebe. Mit zunehmendem Wachstum der Organisation werden alternative Formen wie die Spartenorganisation oder die Matrixorganisation relevant. In der Konfiguration von Henry Mintzberg entspricht die funktionale Organisation der Maschinenbürokratie oder bei sehr kleinen Unternehmen der Einfachstruktur. Die funktionale Organisation ist in Klein- und Mittelbetrieben weit verbreitet, da sie sich für Organisationen in einem stabilen Umfeld mit einem überschaubaren, homogenen Produktprogramm eignet.Vorteile Nachteile

✔ Spezialisierung
✔ Kostendegression (Skaleneffekte)
✔ Klare Aufgaben-, Kompetenz- und Verantwortungsbereiche
✔ Synergieeffekte
✔ Verhinderung von Redundanzen
✘ Erschwerte Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen/Funktionsbereichen (großer Koordinationsaufwand)
✘ Übergewicht des Spezialistentums
✘ Fehlendes Verständnis für andere Funktionsbereiche/Bereichsegoismus (z. B. Konflikt Marketing und Produktion, Ressortdenken)
✘ Niedrige Produkt- und Marktorientierung
✘ Unklare Ergebnisverantwortung
✘ Einschränkung von Innovationspotential
✘ Großer Zeitbedarf bis zur Entscheidungsfindung

2. Divisionale Organisation
Die divisionale Organisation, auch als Spartenorganisation oder Geschäftsbereichsorganisation bezeichnet, gliedert auf der zweiten Hierarchieebene Organisationseinheiten nach Objektgesichtspunkten (Produkte, Kundengruppen, Absatzgebiete). Diese Einheiten werden Geschäftsbereiche, Sparten oder Divisionen genannt, manchmal auch als Strategische Geschäftsfelder (SGF) bezeichnet. Diese Organisationsform ist eine Grundform der Primärorganisation und durch die Form des Einliniensystems (führt zur Anlehnung an das Mehrliniensystem) gekennzeichnet. Der Grad der Dezentralisation in einer divisionalen Organisation kann unterschiedlich ausgeprägt sein.

3. Matrix-Organisation
Eine Matrixorganisation ist ein mögliches Strukturprinzip in der Organisation eines Betriebes, nach dem Zuständigkeit und Verantwortlichkeit aufgebaut werden können. Dabei werden zwei Leitungssysteme miteinander kombiniert. Die Mitarbeiter stehen in mehreren Weisungsbeziehungen, z. B. sind sie den Leitern der verrichtungsbezogenen Abteilungen Beschaffung, Produktion und Absatz und gleichzeitig den objektbezogenen Produktmanagern unterstellt. Eine Matrixorganisation ist damit eine Form der Mehrlinienorganisation.

Die hierbei entstehenden Zuständigkeits-Überkreuzungen führen in der Praxis jedoch häufig zu so großen Problemen, dass in aller Regel die personelle Weisungsbefugnis (die letztlich die ausschlaggebende ist) auf eine einzige Linie beschränkt wird, jeder Mitarbeiter also nur einen unmittelbar weisungsberechtigten Vorgesetzten hat. Die überkreuzenden Zuständigkeiten der anderen Linie werden dann meist dadurch aufgelöst, dass Mitarbeiter temporär aufgabenbezogen für die andere Linie freigestellt werden; der Anteil der Arbeitszeit, der hierfür bereitzustellen ist, wird dann meist zwischen den Vorgesetzten der jeweiligen Linien verhandelt.

Die heute übliche und vielfach sehr erfolgreiche Umsetzung einer Matrixorganisation unterscheidet zwischen der disziplinarischen Linienfunktion, üblicherweise in der Senkrechten dargestellt, und der fachlichen Weisungsbefugnis in der horizontalen. Die fachliche Führung ist dabei sehr oft projektbezogen und somit für einen bestimmten Projektzeitraum angelegt.

Vorteile
- kürzere Kommunikationswege,
- die flexible Berücksichtigung von wettbewerbsrelevanten Aspekten,
- die Spezialisierung der Leitungsfunktion bei gleichzeitiger Entlastung der obersten Unternehmensleitung,
- Problemlösungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Standpunkte und der Vorrang der Sachkompetenz vor der hierarchischen Stellung sowie die Förderung von Teamwork.

Aus Mitarbeitersicht ist ein entscheidender Vorteil,
- dass sich bei geeigneter Umsetzung der Matrix sowohl eine enge fachliche Steuerung des Mitarbeiters auf der horizontalen Ebene ergibt,
- als auch ein permanenter Ansprechpartner in der Linienorganisation zur Verfügung steht, der im Sinne des Mitarbeiters und dessen Entwicklung agieren und vermitteln kann.

Durch diese klare Trennung von fachlichen und disziplinarischen Kompetenzen gestaltet sich die Führung größerer Organisationen einfacher. Es ist zudem leichter, Führungskräfte mit klarem Fokus auf technisch/inhaltliche oder disziplinarische Führungsaufgaben zu finden als Allround-Manager, die beides in einer Person leisten können.

Nachteile
- Die Gefahren von Kompetenzkonflikten,
- Machtkämpfen und unbefriedigenden Kompromissen,
- Zurechnungsprobleme von Erfolgen und Misserfolgen,
- ein Mangel an Transparenz, notwendige, klare Regelungen der Kompetenzen,
- ein hoher Kommunikationsaufwand,
- eine schwerfällige und lang andauernde Entscheidungsfindung,
- die Unsicherheit der Ausführungsstellen infolge der Mehrfachunterstellung

4. Tensororganisation
Unter dem Begriff Tensororganisation wird in der deutschen Organisationsliteratur ein drei- oder mehrdimensionales Strukturmodell verstanden. Der Begriff Tensor ist der Mathematik entlehnt. Die Aufgabenteilung richtet sich üblicherweise nach den Dimensionen: Verrichtung, Objekt/Projekt und Region. Diese Organisationsstruktur ist interessant für internationale Unternehmungen, die auf heterogenen Märkten eine diversifizierte Produktpalette anbieten. Die Tensororganisation ist eng verwandt mit der Matrixorganisation und weist dieselben Vor- und Nachteile auf.

5. Holdingorganisation
Die Holding-Organisation besteht aus mindestens zwei Ebenen, einer Muttergesellschaft, die auch als Holding-Gesellschaft bezeichnet wird, und mehreren rechtlich und organisatorisch selbstständigen Tochterunternehmen, an denen die Holding-Gesellschaft eine Kapitalbeteiligung hält (vom englischen to hold). Handelt es sich hierbei um einen Mehrheitsbesitz und/oder ist ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, so spricht man von einem Konzern.

Man unterscheidet drei Formen von Holdinggesellschaften:
- Operative Holding: Konzernzentrale übernimmt strategische und operative Leitung
- Managementholding: Konzernzentrale übernimmt nur die strategische Leitung
- Finanzholding: Konzernzentrale leitet durch die Vorgabe monetärer Zielgrößen

Vorteile:
- grosse strategische und strukturelle Flexibilität
- flache Hierarchien sind möglich
- klare Zuordnung von Aufgaben
- Nutzung von steuerlichen Vorteilen
- Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns

Nachteile:
- latente Gefahr von Wiederständen der Tochtergesellschaften gegenüber Holding
- Tendenz zu übertriebenen Kontrollaktivitäten der Holding
- emotionale Spannung zwischen den Mitarbeitern der Töchter und der Holding

Shared Service Center (SSC): (z.B. BINA)
- selbständige Unternehmen
- beliefern mehrere Organisationseinheiten mit Leistung
- Bündelung gleichartiger Prozesse dezentraler Einheiten
- orientieren sich am externen Wettbewerb (Kosten!)
- Hauptziel: Kostensenkung und Qualitätssteigerung, Fokussierung auf Kernkompetenzen, unternehmensweite Standardisierung und Harmonisierung (Qualitätsnormen, Software, Prozesse)
- Generierung zusätzlicher Erlöse durch konzernexterne Kunden

typische Prozesse für SSC:
- zentrale Buchhaltung
- Aus- und Weiterbildung
- IT-Services
- Reisemanagement
- Facility Management
- Personalrekrutierung

Center-Konzepte.
- Cost-Center: Divison hat Entscheidungskompetenz gemäss Kostenbudgets, Zielsetzung Kostenminimierung
- Profit-Center: Erfolg einer Divison wird am Gewinn/ROI gemessen, Zielsetzung Gewinnmaximierung
- Investment-Center: Maximierung des Unternehmenswertes als Ziel

Neue Organisationsmodelle:
1. Netzwerkorganisation:
Die Netzwerkorganisation ist eine jüngere Organisationsform und hat in den letzten Jahren immer stärkere Bedeutung in der Theorie und Praxis erlangt. Sie setzt sich aus autonomen Mitgliedern zusammen, die langfristig ein übergeordnetes, gemeinsames Ziel verfolgen und koordiniert zusammenwirken. Dabei besitzt die Netzwerkorganisation häufig einen weniger formellen Aufbau, d.h. dass die Akteure im Netzwerk ihre rechtliche Selbständigkeit behalten können und die Interaktion wesentlich weniger stark rechtlich reglementiert sein kann. Es erfolgt kaum eine hierarchische Strukturierung. Die in Netzwerken agierenden Teilnehmer können sowohl Organisationen, Unternehmen als auch Einzelakteure sein und sind häufig bewusst oder unbewusst Akteure in mehreren voneinander unabhängigen (sozialen) Netzwerken.

Das Netzwerk kann firmenintern, wie im Fall der modularen Organisation, oder extern durch eine Kooperation von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen entstehen. Die Kooperation kann sich dabei auf einzelne Teilbereiche der Geschäftstätigkeit beziehen, während die Unternehmen sonst im Wettbewerb bleiben, oder die gesamte Geschäftstätigkeit betreffen. Häufig anzutreffende Formen der Netzwerkorganisation sind:
- Das Joint Venture: Bei diesem wird ein eigenständiges Unternehmen von zwei oder mehreren unabhängigen Unternehmen gegründet, um gemeinsam ein Projekt aufzuarbeiten.
- Das Franchising: Ein Lizenznehmer bekommt vom Franchisegeber das Recht eingeräumt, dessen Marke oder Produkt zu verwerten. Der Franchisegeber kann so seinen Namen, sein Produkt kostengünstig bekannt machen.
- Die Subunternehmerschaft Subcontracting: Geschäftsbereiche werden an rechtlich selbständige Unternehmen ausgegliedert, die auf Basis langfristiger Verträge vorgegebene Leistungen erbringen. - Siehe auch: Subunternehmer
- Die virtuelle Organisation: In diesem Fall treten die Mitglieder gegenüber Außenstehenden wie ein eigenständiges Unternehmen auf. Rechtlich bleiben sie jedoch selbständig.

2. Modulare Organisation:
Die modulare Organisation ist die neueste Organisationsform. Diese verzichtet weitgehend auf hierarchische Systeme und setzt verstärkt auf Flexibilität. Zu diesem Zweck wird das Unternehmen in relativ kleine Einheiten gegliedert, die über weitreichende Entscheidungskompetenzen so wie Ergebnisverantwortung verfügen. Diese Systeme sind stark prozessorientiert und gewährleisten damit eine hohe Anpassungsfähigkeit.

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